Von der Turmuhr der Kirche in Burbach

Bereits über zwei Millionen mal geschlagen

Schon mindestens drei Uhren hat der fast 900 Jahre alte Turm unserer Kirche beherbergt.

Jahrhundertelang war die Kirchenuhr die einzige zeitliche Orientierung für das ganze Dorf. Nach ihr wurde am Morgen aufgestanden und am Abend zu Bett gegangen, nach ihr das Vieh auf die Weide getrieben und wieder auf den Heimweg gebracht, nach ihr die Tagesarbeit gerichtet. Man hörte den Glockenschlag der Kirchenuhr überall auf den Feldern, in den Wiesen, in den Haubergen, in den Handwerksstätten und in Stall und Scheune. Nur ganz wenige besaßen eine eigene Uhr im Haus; erst recht keine Taschen- oder Armbanduhr.

 

Man darf annehmen, dass die Ältesten Uhren kein Ziffernblatt außen am Turm hatten, sondern nur den Glockenschlag auslösten, auf dessen Wahrnehmung das Ohr eingestellt war. In dem Protokoll über die Anschaffung der heute noch gehenden Uhr aus dem Jahre 1884 ist nämlich erwähnt, dass man nun auch beschlossen habe, ein Ziffernblatt an der Außenseite des Turmes anzubringen.

 

Zur Zeit des Neubaues des Kirchenschiffes 1776 hat es schon in dem alten stehengebliebenen Turm eine Uhr gegeben. Diese hatte aber wohl unter dem Großen Brand von Burbach und den langwierigen Bauarbeiten so gelitten, das sie schon viele Jahre unbrauchbar war, als sie 1793 von dem Uhrmacher Johann Heinrich Spieß aus Siegen für 20 Reichsthaler übernommen und durch eine neue ersetzt wurde.

 

Nach rund 90 Jahren hat diese Spießsche Uhr nicht mehr so recht funktioniert.
Sie hatte schon lange still gestanden und damit fehlte dem Dorf eine wichtige Orientierungshilfe.

Alte Kirchenuhr Burbach
Alte Kirchenuhr Burbach

Als im Jahre 1955 die Kirche nach all den Kriegs- und Hungerjahren einen neuen Anstrich erhielt, hat man auch das Ziffernblatt der Turmuhr heruntergeholt und die Zahlen neu vergoldet.

 

Neben demAnstrich erfolgten auch alle möglichen notwendig gewordenen Reparaturen am Kirchengebäude.

 

So entstanden diese Aufnahmen mit verschiedenen Handwerkern, die an der Renovierung der Kirchebeteiligt waren, am 05.09.1955.

 

Einige der Handwerker sind noch bekannt:

von links Maurermeister Erich Moos, Paul Flick, Friedrich Wilhelm Schmidt. Zweiter von rechts Dachdeckerlehrling Werner Becker.

Im dicken alten Protokollbuch der Kirchengemeinde ist unter dem 6.8.1883 vermerkt, dass auf Veranlassung des Amtmannes Kunz und des Superintendenten über die Instandsetzung oder Neubeschaffung der Kirchenuhr verhandelt werde. Das Presbyterium beschloss die Anschaffung einer neuen Turmuhr, wenn die Kirche 1/3 und die politische Gemeinde 2/3 der Kosten träge. Offensichtlich ist die Gemeinde Burbach diesem Wunsch nicht so ganz nachgekommen, wie aus weiteren Protokollen hervorgeht. Sie hat sich "erboten 150 Mark zu den Kosten einer neuen guten Turmuhr beizusteuern". Die Notwendigkeit einer neuen Uhr sei zwar allseitig anerkannt, aber die Kirchengemeinde sei eigentlich alleine verpflichtet, die Uhr als Inventarstück der Kirche zu ersetzen. Unter diesen Umständen tat sich das Presbyterium schwer bei seinen weiteren Beratungen; lehnte zunächst ab, beschloss aber dann in der gleichen Sitzung nach mehrfachen Abstimmungswiederholungen kurioserweise mit 20 gegen 15 Stimmen doch den Kauf einer neuen Uhr.

 

Die Siegener Zeitung berichtet über den Kauf der neuen Uhr am 24.4.1884: "Die sich zur Zeit noch auf unserem Turme befindliche sehr alte Uhr hat schon viele Jahre hindurch stille gestanden, so hat man die Anschaffung einer neuen Uhr für das Beste gehalten. Auch ein Ziffernblatt soll an der Außenseite des Turmes nach der Straße zu angebracht werden. Den Bewohnern Burbachs, die so lange eine richtiggehende Turmuhr, wonach die sämtlichen Privatuhren geregelt werden können, haben entbehren müssen, ist die endliche Erfüllung dieses so lange gehegten Wunsches sehr angenehm."

 

Noch im gleichen Jahr wurde das neue mächtige Uhrwerk im alten Turm eingebaut. An Drahtseilen hängen zentnerschwere Gewichte, die der Küster noch bis 2020 allwöchentlich mit einer großen Kurbel nach oben drehen musste. Auf dem Rahmen aus Gusseisen ist zu lesen: Bockenem 1884. Auf dem versteckt angebrachten Firmenschild steht: A.F.Weule, Turm-, Hof- und Eisenbahnuhren Bockenem.

 

Seit 120 Jahren schlägt diese Uhr im alten Kirchturm zu jeder halben und vollen Stunde. Sie tat das inzwischen mehr als zwei Millionen mal in guten und schlechten Zeiten und schon zweimal zur Jahrhundertwende. Die Uhrmacher, die sie in Bockenem in Niedersachsen bauten, gibt es nicht mehr. Die Uhr aber schlägt auch heute immer noch; nur hören wir nicht mehr hin.

Autor: Heinz Klein